Aggressiv gegenüber anderen Hunden
Es ist eine typische Situation beim Gassigehen: Eben war der eigene Hund noch das liebste Lebewesen unter der Sonne und plötzlich verwandelt er sich in eine bellende Urgewalt und zieht mächtig an der Leine. Da liegt der erste Gedanke nahe: "Ist mein Hund aggressiv gegenüber anderen Hunden?"
Das ist allerdings nicht zwangsläufig der Fall. Denn die vermeintliche Feindseeligkeit gegenüber anderen Hunden hat vielerlei Ursachen und es steckt tatsächlich nur in seltenen Fällen wirklich aggressives Verhalten dahinter. Vielmehr kann der Grund dafür sogar beim Menschen liegen.
Warum sind Hunde aggressiv gegenüber anderen Hunden?
In jedem Hund steckt der Jagdtrieb quasi von Geburt an drin. Hunde empfinden extreme Glücksgefühle beim Jagen und Fangen. Dieser Instinkt ist je nach Hunderasse mal schwächer, mal stärker ausgeprägt. Der Jagdinstinkt führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass Ihr Hund aggressiv gegenüber anderen Hunden ist. Hunde sind von ihrem Wesen her Rudeltiere und vermeiden eher Streitigkeiten gegenüber Artgenossen. Zu aggressivem Verhalten führen vielmehr Faktoren abseits vom Wesen Ihres Hundes, etwa:
- Stress
- negative Erfahrungen
- Krankheit
- Schmerzen
- mangelndes Sozialverhalten
- Kontrollverlust
- das Verhalten des Hundehalters
- die Hundeleine
Ist Stress ein Auslöser von Aggressionen?
Genauso wie wir Zweibeiner können Hunde ebenfalls unter Stress stehen. Das passiert einerseits dann, wenn Sie selbst angespannt sind und Ihren Hund anders behandeln als üblich. Er nimmt diese Veränderung war und kann Ihr Verhalten nicht verstehen. Andererseits gibt es auch unmittelbare Faktoren, die sich auf Ihren Hund auswirken und Stress auslösen. Das kann zum Beispiel Schlafmangel sein oder auch zu wenig Bewegung. Beides führt zu Unausgeglichenheit bei Ihrem Hund, was wiederum ein aggressives Verhalten gegenüber anderen Hunden begünstigt.
Kann die Hundeleine tatsächlich Aggressionen auslösen?
Für gewöhnlich gehen wir davon aus, dass unser Hund an der Leine das liebste Wesen auf der Welt ist. Das ist bei Begegnungen mit anderen Hunden aber nicht immer der Fall. Im Gegenteil, vielfach entladen sich dadurch bei Begegnungen zwischen zwei Hunden Aggressionen. Das liegt daran, dass die Leine künstlich den Bewegungsspielraum einschränkt. Durch die Leine können sich Hunde nicht aus dem Weg gehen, sondern müssen je nach örtlicher Begebenheit direkt aufeinander zulaufen. Kein Platz zum Ausweichen - also kommt aus Sicht Ihres Hundes der andere Hund frontal auf ihn zu. Das kann bedrohlich wirken und Ihr Vierbeiner reagiert in einer solchen Situation vielleicht gemäß der Devise "Angriff ist die beste Verteidigung" mit Aggression.
Hat Ihr Hund in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht?
Das Leben eines Hundes hat nicht immer nur schöne Seiten. Vor allem, wenn Sie einen Vierbeiner aus dem Tierheim oder über Hilfsorganisationen adoptiert haben, können Sie davon ausgehen, dass Ihr Hund auch Negatives erlebt hat. Das wird Ihnen niemand genau sagen können. Fest steht aber, dass diese Erfahrungen unter anderem auch auf Begegnungen mit anderen Hunden in der Vergangenheit beruhen können. Diese Erfahrungen lösen dann wiederum in der Begegnung mit anderen Hunden Aggressionen aus. Das Verhalten Ihres Hundes ist dann eine Art Schutzschild.
Schmerzen können ebenfalls Aggressionen auslösen
Bei Hunden verläuft die Kommunikation über die Körpersprache und das Verhalten. Dieses Verhalten kann durch Einflüsse wie Schmerzen gesteuert werden. Womöglich gibt es eine Situation, in der Ihr Hund von Ihnen gerade mal nicht gestreichelt werden möchte und das womöglich sogar mit einem Knurren untermalt. Tritt diese Situation in der Begegnung mit anderen Hunden auf, dann äußerst sich das anders als Ihnen gegenüber. Ihr Hund kann in dem Fall nämlich reichlich aggressiv auf die Annäherung eines anderen Hundes reagieren. Damit will er aber nicht auf Attacke umschalten, sondern sich den Artgenossen lediglich vom Leib halten, bevor dieser mit ihm zu spielen beginnt. Ihr Hund möchte in der Situation keine Berührung, weil ihn irgendwo etwas quält. Dann sollten Sie am besten Mal beim Tierarzt zu einem Check vorbeischauen. Nicht, dass irgendwo eine unentdeckte Verletzung oder Erkrankung schlummert.
Aggressiv gegenüber anderen Hunden - liegt es am Sozialverhalten?
An diesem Punkt müssen Sie sich ganz klar die unangenehme Frage stellen: Habe ich meinen Hund richtig erzogen oder ist er oft allein? Das sind nämlich zwei häufige Ursachen dafür, wenn sich Ihr Hund aggressiv gegenüber anderen Hunden zeigt. Wenn Ihr Hund nämlich keine Freunde hat oder nur selten nach draußen kommt, dann ist er bei Kontakten mit anderen Hunden überfordert. Er hat in seinen Welpenjahren womöglich überhaupt nicht gelernt, mit anderen Hunden zu spielen und von deren Verhalten zu lernen.<(p>
Woran erkennen Sie, dass Aggressionen auftreten können?
Das aggressive Verhalten gegenüber anderen Hunden tritt nicht aus heiterem Himmel auf. Die Körpersprache Ihres Hundes gibt klare Anzeichen dafür, wann der Punkt gekommen ist. Ihr Hund fühlt sich unwohl und dieses Unbehagen kann sehr schnell in Aggressivität umschwenken. Achten Sie mal kurz vor der Begegnung mit anderen Hunden auf die folgenden Anzeichen, die bei Ihrem Hund Anspannung signalisieren:
- Aufstellen der Ohren
- Einnehmen einer starren Haltung
- stark fokussierter Blick
- aufgestelltes Rückenfell
- aufgestellte Rute
- geöffnetes Maul
- Blecken der Zähne
Nutzen Sie hier die Gelegenheit zu einem Ausweichmanöver, soweit möglich. Auf Gehwegen ist das aufgrund des beschränkten Platzangebotes nicht möglich. Lassen Sie Ihren Hund trotzdem angeleint, denn wenn er selbst nun den Ausweg sucht, kann er leicht auf die Straße rennen und dabei einen Unfall erleiden. Am besten, Sie stellen sich vor Ihren Hund und versperren ihm somit die Sicht auf den anderen Hund. Oder warten Sie einen Moment und lenken ihn mit einem Lieblingsspielzeug ab. Wichtig ist, dass Sie selbst Sicherheit ausstrahlen und nicht in Hektik verfallen. Das verschärft die Situation für Ihren Hund nur noch mehr.
Eskalation zwischen Hunden kann sehr teuer sein!
Wenn sich Ihr Hund aggressiv gegenüber anderen Hunden zeigt, kann das im Einzelfall sogar teure Folgen haben. Das ist dann der Fall, wenn Sie die Kontrolle über Ihren Hund verlieren und er dabei zum Angriff übergeht. Kommt es dabei zu Bissverletzungen, die eine tierärztliche Versorgung beim anderen Hund nach sich ziehen, müssen Sie dafür aufkommen. Dafür sollte dann allerdings Ihre Hundehaftpflicht finanziell einspringen.
Unser Tipp: Natürlich kann es auch passieren, dass Ihr Hund aufgrund einer solchen Situation von einem anderen Hund angegriffen wird. Nicht immer übernehmen die Haftpflichtversicherer die vollen Tierarztkosten. Zur vollständigen Abdeckung der Tierarztkosten empfehlen wir grundsätzlich eine Hundekrankenversicherung. Damit bleiben Sie in einem solchen Fall nicht auf einem Teil der Tierarztkosten sitzen.
Wie können Sie Stress bei Begegnungen vermeiden?
Wenn Sie Ihren Hund kennen und wissen, dass es zu kritischen Situationen kommen kann, sollten Sie entsprechend vorbereitet sein. Wichtig ist dabei auch, dass Sie das Verhalten des anderen Hundeführers und sowie das des anderen Hundes beobachten. Schließlich ist dies teilweise ausschlaggebend dafür, wie sich Ihr Hund bei der Begegnung verhält.
Unsere Tipps für eine entspannte Gassirunde
Neben einer konsequenten Früherziehung und dem Kontakt mit vielen anderen Artgenossen gibt es noch eine Vielzahl von Methoden oder Tipps, wie Sie die Begegnung zwischen Ihrem Hund und anderen Hunden bei Bedarf entschärfen können. Auch wenn Sie Treffen mit anderen Hunden geübt haben, kann sich Ihr Hund dennoch im Einzelfall aggressiv gegenüber Artgenossen zeigen. Wichtig dabei ist, dass Sie die Signale, die Ihr Hund aussendet, richtig deuten und entsprechend darauf einwirken:
Sie können mit Ihrem Hund generell Apportier- oder Suchspiele trainieren. Das bietet Ihrem Liebling auf der Gassirunde einerseits Abwechslung und andererseits können Sie in einer angespannten Begegnung mit einem anderen Hund Ihre Fellnase schnell ablenken. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass ausreichend Platz vorhanden ist.
Strahlen Sie bei der Begegnung mit anderen Hunden selbst Gelassenheit und Ruhe aus. Wenn Sie gestresst sind, überträgt sich das sofort auf Ihren Hund und die Situation verschärft sich unter Umständen sogar.
Interpretieren Sie das Verhalten des anderen Hundes richtig, denn eine wedelnde Rute bedeutet nicht zwangsläufig Vorfreude auf eine Begegnung mit Spielen, sondern kann eben auch Anspannung bedeutet. Der Hund gegenüber ist unter Umständen genauso argwöhnisch wie Ihr Hund. Beobachten Sie den anderen Hundehalter und schätzen Sie ein, ob dieser mit der Situation klarkommt. In vielen Fällen sind sich Hundehalter der Problematik beim Aufeinandertreffen zweier angeleinter Hunde nicht bewusst und reagieren falsch oder überhaupt nicht.
Beherrschen Sie Ihre Stimme bei Kommandos gegenüber Ihrem Hund. Wenn Sie laut werden oder auffallend beschwichtigend sein wollen, merkt Ihr Hund das und stuft die Situation als ungewöhnlich ein.
Wenn Sie die Begegnung absehen können, sorgen Sie zunächst mit der Aufforderung "Sitz" oder "Platz" für eine Unterbrechung des Ablaufes. Sie entscheiden dann, am besten nach kurzer Rücksprache mit dem anderen Hundehalter, an welchem Punkt die Begegnung stattfindet. Sorgen Sie für ausreichend Abstand zum anderen Hundehalter. Ansonsten könnte es passieren, dass Ihr Hund Sie beschützen will und Sie geraten selbst zwischen die Fronten.
Auf beengten Gehwegen warten Sie am besten ab, bis der andere Hund vorbeigegangen ist. Lassen Sie Ihren Hund warten und lenken Sie ihn mit einem kleinen Spiel oder einem Leckerchen ab. Sofern ausreichend Abstand vorhanden ist und Sie eine Begegnung vermeiden wollen, gehen Sie zügig weiter und führen Ihren Hund an der vom anderen Hund abgewandten Seite mit. Signalisieren Sie Ihrem Hund, dass er Ihnen folgen soll.
Am häufigsten zeigen Hunde Aggressionen gegenüber anderen Hunden, wenn sie selbst angeleint sind. An der Leine geführt können sie ihr Revier nicht checken oder kontrollieren. Das bezieht sich auch auf den anderen Hund, der nach der Ansicht Ihres Hundes ein Eindringling in das Revier ist. Kann Ihr Hund den Artgenossen ohne Leine hingegen kontrollieren, verliert sich die Aggression sehr schnell, wenn aus der Sicht Ihres Hundes alles in Ordnung ist.
Hinzu kommt, dass Ihr Hund seine Besitztümer gegenüber anderen Hunden verteidigen will. Wenn Sie einen Ball, Apportierspielzeug oder Leckerchen dabeihaben, weiß das Ihr Hund. Nähert sich ein anderer Hund, schaltet Ihr Hund schon fast zwangsläufig auf Attacke um: Er sieht in dem anderen Hund einen Konkurrenten, der an seinen Ball oder seine Leckerchen will. Die aggressive Haltung sagt im Prinzip aus: "Geh bloß weiter, das sind hier meine Sachen."
Kurz und knapp - unser Fazit
Wenn sich Ihr Hund aggressiv gegenüber anderen Hunden zeigt, liegt es entweder am fehlenden Sozialumgang mit anderen Hunden oder in den meisten Fällen an der Hundeleine. Ihr Hund muss die Möglichkeit haben, die anderen Hunden nach seinen Maßstäben zu kontrollieren. Dann ist nach einem kurzen Moment schon wieder alles in Ordnung. Das Verhalten lässt sich gut in der Hundeschule und natürlich auch bei der Gassirunde trainieren. Mit einer kleinen Belohnung in jeder gemeisterten Situation trainieren Sie Ihrem Hund zudem spielerisch das richtige Verhalten an.