Früher ein Todesurteil – heute Chancen auf Heilung: der Beinbruch bei Pferden
Für Pferdefreunde ist es der absolute Albtraum: ein heftiger Schlag auf der Koppel gegen das Bein des eigenen Pferdes oder ein falscher Tritt beim Ausritt im Gelände. Ein Beinbruch bei Pferden hat vor einigen Jahren noch dazu geführt, dass ein Pferd eingeschläfert werden musste.
Glücklicherweise sind heute die Behandlungsmethoden um ein Vielfaches verbessert - so dass Tierärzte oft die Chance haben, einem Pferd das Leben zu retten. Nicht nur das: Je nach Behandlung können die großen Tiere wieder als Reitpferde aktiv sein.
Symptome des Beinbruches bei Pferden
Die häufigste Ursache für einen Beinbruch bei Pferden ist mechanischer Natur. Es handelt sich dabei um eine Krafteinwirkung auf das Bein des Pferdes, die letztendlich zu der Fraktur führt. Dazu gehören Unfälle im Straßenverkehr und auf der Eide, eine Stoßverletzung oder auch Tritte durch andere Pferde auf der Weide.
Nicht immer ist auf Anhieb zu erkennen, ob bei Auffälligkeiten des Pferdes ein Knochenbruch vorliegt oder lediglich eine Verstauchung. Das sind die typischen Anzeichen für Knochenbrüche:
- Ihr Pferd beginnt plötzlich zu lahmen. Vor allem nach einen Unfall ist das das häufigste Anzeichen für einen Beinbruch.
- An der Stelle der Fraktur kommt es zu einer Schwellung, die Oberfläche fühlt sich wärmer an als die übrigen Körperpartien.
- Das Pferd kann das betreffende Bein nicht mehr belasten und zeigt bei Berührungen Schmerzsymptome.
- Betroffene Pferde winkeln das gebrochene Bein ab und zeigen abnormale Bewegungen.
Verstauchungen bei Pferden äußern sich in manchen Fällen erst nach ein paar Stunden. Auch hier sind Symptome wie Rötungen, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen erkennbar. Es fehlt aber an der abnormalen Stellung des betroffenen Beines. Unabhängig davon ist eine Verstauchung auch ein Fall für den Tierarzt.
Wie verhalten Sie sich im Notfall?
Die ersten Minuten nach einem Unfall entscheiden über Leben und Tod des Pferdes. Wichtig ist, dass Sie in diesem Moment richtig reagieren. Bei dem kleinsten Verdacht auf eine Fissur oder einen Bruch dürfen Sie das Pferd nicht einen Schritt mehr bewegen. Eine Fissur kann sich zu einem Bruch entwickeln und bei einem bestehenden Bruch kann sich die Bruchstelle verschieben. Der Tierarzt muss vor Ort mit mobiler Röntgentechnik beurteilen, welche Schritte nun notwendig sind.
Liegt ein offener Bruch vor, so wird der Tierarzt als erstens ein Antibiotikum verabreichen, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Für den Transport in die Tierklinik muss er das betroffene Bein fixieren, damit sich die Bruchstelle nicht verschiebt oder Bruchstücke ins Gewebe eindringen können. In der Tierklinik angekommen, zählt nicht sofort jede Minute, wenn der Zustand der Fraktur erst einmal fixiert ist. Jetzt können die beteiligten Tierärzte in Ruhe die Maßnahmen einleiten, die für die heilende Operation notwendig sind.
Fissuren beim Pferd
Nicht immer erfolgt durch die Krafteinwirkung der Bruch des Beines. Je nach Ursache kann es zu einer Fissur kommen. Diese Fissur ist ein kleiner Haarriss im Knochen des Pferdes. Es zeigen sich keine Auffälligkeiten wie Schwellungen oder abnormale Gliedmaßstellungen. Lediglich Anzeichen von Lahmheit treten beim Pferd auf. Eine Fissur kann zwar konservativ behandelt werden, dafür muss diese aber auch rechtzeitig erkannt werden. Bei auftretender Lahmheit macht es also Sinn, wenn Sie das Bein Ihres Pferdes röntgen lassen, um der Ursache auf die Spur zu kommen. Wird die Fissur nicht erkannt, kann diese sich durch fortwährende Belastung zu einem Beinbruch entwickeln.
Die Ursachen für Beinbrüche sind unterschiedlich
Schlagverletzungen treten bei Pferden besonders häufig auf. Das liegt daran, dass die langen Knochen des Pferdes nur unzureichend gegen Schläge und Tritte geschützt sind. Diese sind nur mit sehr wenig Haut und Gewebe umgeben, so dass hier eine größere Anfälligkeit für Stoßverletzungen gegeben ist. Die Länge der Beine ist zwar wichtig, um große vertikale Krafteinflüsse aufzunehmen. Dazu gehört die Aufnahme von Personen zum Reiten oder auch die Belastung der Beine bei der Flucht vor Fressfeinden. Dagegen ist das Bein des Pferdes eben nicht auf horizontale Krafteinwirkungen ausgelegt.
Ein großer Anteil der Beinbrüche bei Pferden entfällt auf Reitpferde. Eine wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2017 belegt, dass bei 1.845 ausgewerteten Bruchverletzungen überwiegend Reitpferde betroffen waren. Dabei treten Beinbrüche auf der Koppel mit 43 Prozent recht häufig auf - durch die Tritte anderer Artgenossen.
Darüber hinaus kann es durch häufige und extreme Belastung, aber auch durch die Fehlbelastung dazu kommen, dass die Knochen des Pferdes anfälliger für eine Fraktur sind. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Sehnen, Bänder und Muskeln nicht mehr der Belastung gewachsen sind und das Bein nicht mehr stabilisieren sollten. Die Frakturen, die hieraus resultieren, nennen sich Stressfrakturen. Häufig kommt der Fesselbeinbruch bei Pferden vor, die für Rennen oder Springturniere eingesetzt werden.
Beinbruch beim Tierarzt versorgen
Knochenbrüche bei Pferden haben unterschiedliche Folgen. Glatte Brüche oder Fissuren heilen naturgemäß besser als offene Brüche, die die Haut durchstoßen haben. Bei einem Knochenbruch muss der Tierarzt die Knochenfragmente wieder zusammenführen, mit Schrauben fixieren oder mit Platten stabilisieren. Ziel ist es hier, eine anatomische Rekonstruktion zu erzielen, die größtmögliche Stabilität für den betroffenen Knochen bietet. Hierbei ist es die Kunst des Tierarztes, die Kräfte zu berücksichtigen, die auf einen Knochen wirken, um dem Pferd eine bestmögliche Lebensqualität nach dem Eingriff zu verschaffen.
Neue Technik unterstützt die Heilung
In vielen Tierkliniken kommen bei Frakturen bei Pferden mittlerweile spezielle Kompressionsplatten zum Einsatz und nennen sich im Fachjargon Locking Compression Plates, also kurz LCP. Der Vorteil für den Tierarzt liegt darin, dass diese Platten mit speziellen Verriegelungsschrauben ausgestattet sind, die wiederum dazu beitragen, dass eine höhere Belastbarkeit des Beines nach der Operation gegeben ist. Die Tatsache, dass auf die Beine von Pferden sehr hohe Kräfte wirken - allein schon durch das Eigengewicht des Pferdes - macht diese LPCs zu einem wichtigen Instrument bei Operationen an den Gliedmaßen. Es kann aber von Fall zu Fall sein, dass die Platten auf Dauer im Bein bleiben müssen.
Ein Todesurteil wie früher ist der Beinbruch bei Pferden schon lange nicht mehr. Bei der Auswertung von Behandlungsverläufen ergibt sich, dass dank der heutigen medizinischen Versorgung rund 17 Prozent der betroffenen Pferde eingeschläfert werden müssen. Bei 47 Prozent der Pferde musste der Tierarzt die Fraktur operativ behandeln, also die Frakturstelle mit Schrauben, Platten oder Nägel stabilisieren. 36 Prozent der Pferde wurden konservativ behandelt. Es erfolgte also keine Operation, sondern die Behandlung erfolgt auf schonendere Art und Weise wie durch Medikamente oder Physiotherapie.
Was geschieht mit dem Pferd nach der Operation?
Für viele Pferde ist gerade die Phase nach der überstandenen Operation besonders heikel. Es gibt Pferde, die innerhalb der Aufwachphase sofort ungestüm aufstehen und damit unter Umständen das ganze Operationsergebnis wieder zunichtemachen. Daher ist es wichtig, das Pferd in dieser Phase sehr intensiv zu begleiten, damit es in Ruhe aufstehen kann. Dazu kommt, dass in der Box dann absolute Ruhe angesagt ist, also kein Herumspringen und Toben.
In manchen Fällen macht es Sinn, wenn das Pferd einen ruhigstellenden Verband bekommt, so dass das operierte Bein besser geschont wird. Dazu kommt, dass eine Operation nach einem Beinbruch bei Pferden immer ein hohes Infektionsrisiko nach sich zieht. Je größer der Einschnitt, desto höher das Risiko einer Infektion. Gelangen Bakterien in den operierten Bereich, so kann das den Knochen porös machen. Daher ist eine umfangreiche Beobachtung nach der Operation durch den Tierarzt notwendig: Bei den kleinsten Anzeichen einer Infektion muss er Antibiotika einsetzen.
Kostenaufwand für eine Operation ist sehr hoch
Wenn sich ein Pferd ein Bein gebrochen hat, setzen Pferdefreunde alles daran, um das Leben ihres Lieblings retten zu lassen. Dazu müssen sie in Kauf nehmen, dass die Kosten für die Operation im mittleren vierstelligen Bereich liegen. Vergleichbar sind hier die Kosten einer Kolikoperation. Die Erfolgsgeschichte in den meisten Fällen gibt den Pferdefreunden aber recht, wenn es dem großen Tier erst einmal wieder besser geht. Für solche Zwecke gibt es als Absicherung gegen die hohen Operationskosten die sogenannte Pferde-OP-Versicherung. Dazu berichtet der Versicherungsexperte Ralf Becker: "Wir bieten seit mehr als 35 Jahren Tierversicherungen an. Anhand der Tierarztrechnungen, die uns Pferdehalter einreichen, sehen wir, wie hoch die Tierartzkosten beim Beinbruch bei Pferden ausfallen. Da kommen regelmäßig mehrere tausend Euro zusammen."
Die Heilungsdauer beim Knochenbruch
Ein Beinbruch bei Pferden setzt eine lange Heilungsperiode voraus. Nach der chirurgischen Behandlung, also einer Operation bei komplizierten oder verschobenen Brüchen, darf das Bein des Pferdes über Wochen nicht belastet werden. Dazu gehört auch, dass Ihr Pferd in der Box bleibt, um den Bewegungsapparat zu schonen und ruhig zu halten. Auf der Weide wäre es während der Heilungsphase denkbar schlecht aufgehoben. Hier kann durch verschiedenste Situationen der Fluchtinstinkt ausgelöst werden, der wiederum zu einer enormen Belastung des betroffenen Beines führen kann. Erst nach langen Wochen mit einem langsamen Bewegungsantrengung kann das Bein Ihres Pferdes wieder schrittweise belastet werden. Sportpferde können nach einem Beinbruch in vielen Fällen nicht mehr für Wettkämpfe eingesetzt werden.