Erste-Hilfe-Maßnahmen beim Pferd: Notfälle richtig erkennen
Unser großer Liebling erfreut sich in der Regel einer guten Gesundheit. Es können aber Situationen auftreten, die zu einer rapiden Veränderung des Gesundheitszustands führen. Sei es eine Erkrankung oder eine Verletzung durch einen Unfall. In allen Fällen ist schnelle Hilfe durch den Tierarzt gefragt. Erste-Hilfe-Maßnahmen sind nicht so einfach, wie wir sie bei Menschen oder Hunden anwenden können. Ein Pferd lässt sich nicht in die stabile Seitenlage legen.
Wenn Schmerzen auftreten, lässt sich das Pferd schwer beruhigen und wir müssen mit viel Vorsicht herangehen, da das große Tier unruhig ist. Wichtig ist bei Notfällen, dass wir erkennen, welcher Notfall eintritt. So können wir dem Tierarzt vorab den Notfall beschreiben. Parallel dazu kann er uns Maßnahmen an die Hand geben, die wir bis zu seinem Eintreffen umsetzen können, um den Gesundheitszustand zu stabilisieren.
Die Wundbehandlung
Egal ob es eine kleine Wunde ist oder eine große Wunde, die klafft und aus der viel Blut austritt. Jede Wunde ist ein Fall für den Tierarzt. Laien können oft nicht einschätzen, ob eine kleine Wunde vielleicht tiefer unter die Haut geht und Sehnen oder Gelenke betroffen sind. Ein Hinweis auf eine schwere Verletzung auch bei einer kleinen wunde ist austretende durchsichtige Flüssigkeit. Dann ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Gelenk betroffen, da es sich um Gelenksflüssigkeit handeln kann.
Bei Wunden nehmen wir keine Wundversorgung selber vor, sondern stoppen die Blutung bis zum Eintreffen des Tierarztes. Dazu verwenden wir Druckverbände. Bei einer Verletzung am Bein kann eine Staubinde angelegt werden, um den Blutfluss in das verletzte Bein zu reduzieren. Dabei muss diese spätestens nach 20 Minuten zur regulären Durchblutung gelockert werden, damit es nicht zum Absterben von Gliedmaßen kommt. Das passiert dann, wenn die Blutzirkulation zu lange unterbrochen ist. Fremdkörper, die in der Wunde stecken, entfernt nur der Tierarzt. Wir können nicht abschätzen, ob beim Herausziehen andere Blutgefäße beschädigt werden, die dann eine stärkere Blutung auslösen. Lediglich wenn die Gefahr besteht, dass der Fremdkörper weiter in den Körper eindringt, müssen wir diesen entfernen und dann direkt die Blutung stoppen.
Der Alptraum aller Pferdefreunde: die Kolik
Die Kolik ist eine bei Pferdefreunden gefürchtete Erkrankung. In manchen Fällen verläuft sie harmlos und verschwindet von selbst, manchmal endet der Verlauf der Kolik tödlich. Es gilt frühzeitig zu erkennen, dass das Pferd eine Kolik hat. Vereinfacht gesagt sind es Bauschmerzen. Das Pferd versucht mit den Hufen nach der Bauchgegend zu treten und ist von starker Unruhe getrieben. Wenn sich das Pferd bereits hingelegt hat, sollte es so verbleiben. Wichtig ist, dass Sie auf hartem Untergrund ein Hin-und-Her-Wälzen verhindern. Dazu darf das Pferd nicht mehr fressen. Sie müssen beim Verdacht einer Kolik den Tierarzt hinzuziehen, da je nach Ausprägung für das Pferd Lebensgefahr besteht.
Wenn Lahmheit plötzlich auftritt
Lahmheitserscheinungen beim Pferd können von einem auf den anderen Moment auftreten. Es muss nicht immer ein Notfall sein: ZU den häufigen Ursachen gehören Hufgeschwüre oder Hufprellungen. Ebenso können Frakturen und Sehnenrisse auftreten. Diese Ursachen sind für das Pferd nicht lebensbedrohlich, machen eine tierärztliche Behandlung zwingend notwendig. Bis zum Eintreffen des Tierarztes dürfen Sie das Pferd so wenig wie möglich bewegen. Ereignet sich ein Unfall abseits vom Stall, etwa bei einem Ausritt, müssen Ihr Pferd langsam zurück zum Stall führen oder, je nach Zustand, einen Anhänger organisieren, damit Ihr Pferd möglichst schonend zurück kommt. So lange die Ursache nicht eine Fraktur oder eine klaffende Wunde ist, können Sie Ihrem Pferd Linderung verschaffen, in dem Sie den betroffenen Huf mit nassen Tüchern einwickeln.
Es gibt Fälle, die ein schnelles Eingreifen des Tierarztes erforderlich machen. Dazu gehört beispielsweise die Hufrehe oder der Kreuzverschlag. Das Pferd zeigt deutliche Bewegungsunlust und versucht, die betroffenen Gliedmaßen zu entlasten. Der Tierarzt muss schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente verabreichen. Die Folgebehandlung ergibt sich aus der Diagnose des Tierarztes, da sowohl die Hufrehe als auch der Kreuzverschlag die Folge einer Stoffwechselerkrankung sein können.
Atemnot
Die Ursachen für Atemnot sind vielfältig. Atemnot die Folge eines Insektenstiches sein, aber auch Fremdkörper, die das Pferd versehentlich eingeatmet hat. Da Atemnot in der Regel zu einer panischen Reaktion führt, ist höchste Vorsicht geboten, wenn Sie das Pferd beruhigen müssen. Bei hohen Temperaturen im Außenbereich bringen Sie das betroffene Pferd in einen schattigen Bereich in kühlen die Gliedmaßen. Sie müssen parallel einen Tierarzt hinzuziehen, da je nach Grad der Atemnot der Zustand lebensgefährlich für das Pferd ist.
Vitalfunktionen des Pferdes richtig einschätzen
Beim Pferd können wir im Rahmen der Ersten Hilfe Auffälligkeiten feststellen, wenn wir die Normalwerte im Bereich der Vitalfunktionen kennen. Die Körpertemperatur eines Pferdes liegt bei 37 Grad bis 38,2 Grad. Beim Fohlen sind es 38 Grad bis 38,5 Grad. Die Herzfrequenz beträgt im Normalzustand 28 bis 40 Schläge in der Minute. Ein ausgewachsenes Pferd macht in der Minute etwa 10 bis 16 Atemzüge, beim Fohlen sind es etwa 12 bis 20 Atemzüge. Allerdings variieren diese Werte je nach Alter, Rasse, Körpergröße und auch Trainingszustand. Es ist also sinnvoll, wenn Sie die Normalwerte der Vitalfunktionen im Ruhezustand aufnehmen.
- Überwachung der Atmung: Hier einfach die Flankenbewegungen in der Minute zählen, da jedes Heben und Senken als ein Atemzug zu betrachten ist.
- Herzfrequenz: Sie können den Puls an der Ganasche, das ist der halbrunde hintere Bereich des Unterkiefers, ertasten. Legen Sie dazu den Zeigefinger und den Mittelfinger in die kleine Kerbe und zählen Sie die Schläge in 15 Sekunden. Multipliziert mit vier ergibt die Herzfrequenz.
- Körpertemperatur: Die sicherste Messmethode ist noch der rektale Einsatz eines Fieberthermometers. Dieses müssen Sie mit Vaseline einreiben und mit einem Faden sichern. Achtung: Ein altes Glasthermometer mit Quecksilber eignet sich nicht - es könnte beschädigt werden und dadurch Verletzungen beim Pferd auslösen.