Hund bei Hitze im Auto - dürfen Sie die Seitenscheibe einschlagen?

Ludwigsburg am Mittwochvormittag: Eine Passantin wurde auf einen stark hechelnden Hund in einem Auto aufmerksam. Das Fenster war lediglich einen winzigen Spalt geöffnet und ließ kaum Kühlung zu. Die Passantin alarmierte die Polizei, die bei ihrem Eintreffen die Seitenscheibe des Fahrzeuges einschlug und den Hund aus seinem überhitzten Gefängnis befreite. Die Halterin des Fahrzeuges kehrte erst eine Stunde nach dem Einsatz zu ihrem Fahrzeug zurück. In dieser Zeit wäre der Hund qualvoll verstorben.
Keine Seltenheit – ahnungslose Hundehalter lassen Hunde bei Hitze im Auto
Ist es völlige Unwissenheit oder totale Ignoranz? Die Frage muss hier mal so deutlich gestellt werden. Jeder von uns weiß, wie unangenehm sich die Temperaturen der letzten Tage vor allem in geschlossenen Fahrzeugen entwickeln. Wir selber fühlen uns wie in einem Backofen und der Schweiß läuft aus allen Poren. Was sollen Hunde in dieser Situation denn nun machen? Sie können nicht schwitzen so wie wir über die Haut, sondern verschaffen sich Kühlung durch ihr Hecheln. Irgendwann ist damit aber Schluss, da die Temperaturen unerträglich hoch sind und die Kräfte nachlassen. Der Kreislauf bricht zusammen, es droht der Hitzetod. Dennoch sind in den Medien immer wieder Berichte zu lesen, wo Passanten oder Polizei in letzter Not Hunde für diesem qualvollen Tod retten mussten.
Passant schlägt Seitenscheibe ein – Hund von Tierarzt gerettet
Eine ähnliche Situation in Alzey am vergangenen Montag. Ein Passant entdeckt einen im Auto eingesperrten Hund. Dieser zeigte bereits keine Lebenszeichen mehr. Der Passant schlug die Scheibe des Fahrzeuges ein und trug den Hund in ein gegenüber liegendes Fachgeschäft für Tierzubehör. Glücklicherweise war gerade ein Tierarzt vor Ort, der dem geschundenen Hund direkt eine Infusion anlegen konnte. Die Besitzerin des Hundes gab zu dass, der Hund bereits die Nacht im Auto verbracht hatte. Auf sie wartet nun ein Strafverfahren wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Die eingeschlagene Autoscheibe geht zu ihren Lasten.
Das Einschlagen einer Seitenscheibe ist gerechtfertigt
Regelmäßig stoßen Passanten auf eine solche Situation und wissen sich nicht anders zu helfen, als die Polizei zu rufen. Das ist auch völlig in Ordnung, allerdings kann einem im Auto eingeschlossenen Tier schneller geholfen werden. Kaum jemand würde zögern, wenn sich ein Säugling auf dem Rücksitz des Autos befinden würde. Die Scheibe wäre im nu eingeschlagen. Was die wenigsten Leute wissen: Geht es um das Leben von Tieren, sind solche Maßnahmen ebenfalls gerechtfertigt. Im Klartext: Wer bei sommerlichen Temperaturen in einem Auto ein Tier entdeckt, das offensichtlich bei der Hitze leidet, darf die Scheibe des Fahrzeuges einschlagen. Einen Freifahrtschein sieht hier einerseits das Strafgesetzbuch vor: In §34 StGB ist geregelt, dass eine Gefahr für Leib und Leben eines Rechtsgutes – dazu gehören eben auch Tiere – durch angemessene Mittel abgewehrt werden dürfen. Genau so wird es im Bürgerlichen Gesetzbuch §228 BGB beschrieben: Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine drohende Gefahr für sich oder andere abzuwehren, handelt nicht wiederrechtlich. Das gilt auch für Tiere.
Wie gehen Sie bei der Rettung eines Tieres richtig vor?
Entdecken Sie einen Hund im überhitzten Auto, können Sie zunächst in den umliegenden Geschäften, sofern es welche gibt, nach dem Besitzer fragen. Dabei brauchen Sie sich aber nicht allzu lang aufhalten, denn für den Hund im Auto rennt die Zeit. In der Regel haben Sie ein Smartphone dabei: Dokumentieren Sie die Situation mit Ihrem Handy. Ziehen Sie Passanten als Zeugen herbei. Schlagen Sie die Seitenscheibe des Fahrzeuges ein. Heckscheibe und Frontscheibe sollten es nicht gerade sein, da der ausgelöste Schaden natürlich auch im Rahmen bleiben muss. Benachrichtigen Sie in jedem Fall die Polizei, damit diese den Halter ausfindig macht oder den Hund selber zum Tierarzt fährt. Sofern der Hund bereits in die Bewusstlosigkeit gefallen ist, versuchen Sie ihn zu kühlen. Fangen Sie an den Pfoten und Beinen an und arbeiten Sie sich langsam zum Körper vor. Ein Eimer Wasser direkt über den Hund gegossen würde die Situation noch weiter verschlechtern.
Bei Tod des Hundes drohen bis zu drei Jahre Gefängnis
Die Konsequenzen für ein solch rücksichtsloses Verhalten gegenüber Hunden oder anderen Haustieren sind im Tierschutzgesetz verankert. Es drohen drei Jahre Haft oder bis zu 25.000 Euro Geldstrafe, wenn durch das eigene Handeln ein Tier zu Tode kommt. Es wird immer der Einzelfall betrachtet. Allerdings hat im Jahr 2007 das Amtsgericht Neustadt einen nicht vorbestraften Tierhalter zu einer einjährigen Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt. Sein Hund kam im überhitzten Auto qualvoll ums Leben. Das sollte eigentlich genug Anlass zum Nachdenken bieten.