Können Pferde unter einer Kieferfehlstellung leiden?

Publiziert am Freitag, 6. März 2020 von Manfred Weiblen
Ärztin überprüft Pferdegebiss Sind Kieferprobleme eigentlich nur ein menschliches Problem oder kann auch eine Kieferfehlstellung bei Pferden auftreten? Fakt ist: Wenn Tiere ein Gebiss haben, kann es natürlich auch zu einer Fehlstellung des Kiefers kommen. Die Ursachen dafür sind unterschiedlicher Natur. Bei Pferden gibt es zwei Arten der Kieferfehlstellung: Einmal den Überbiss, der auch als „Karpfengebiss“ bezeichnet wird. Dazu gibt es noch den Unterbiss, der auch die Bezeichnung „Hechtgebiss“ hat. Dabei kommen die sogenannten Karpfengebisse bei Pferden deutlich häufiger vor.

Wie funktioniert der Kiefer eines Pferdes?

Maul eines Pferdes Zuerst einmal ist es wichtig, das Gebiss des eigenen Pferdes zu kennen. Das Gebiss verfügt über insgesamt 36 Zähne - jeweils 18 im Oberkiefer und im Unterkiefer. Davon wiederum sind jeweils sechs Schneidezähne und zwölf Mahlzähne. Die Schneidezähne benötigen Pferde, um auf der Weide das Gras zu rupfen. Für das Fressen von beispielsweise Hafer sind die Schneidezähne nicht notwendig. Es kann dadurch passieren, dass die Schneidezähne sich weniger schnell abnutzen - im Gegensatz zu den Mahlzähnen, die eigentlich permanent Arbeit verrichten müssen. Die Folge: Das Pferd muss über die Kaumuskeln mehr Kraft aufwenden, damit es die Nahrung noch zermalmen kann. Bei einer Fehlstellung des Kiefers kann das Pferd entsprechend Nahrung noch schlechter verwerten, weil die Zähne im Ober- und Unterkiefer einfach keine gemeinsame Schnittstelle mehr bilden.

Welche Ursache hat die Kieferfehlstellung bei Pferden?

Ein Fohlen ist geprägt durch die Mutterstute und den Hengst. Kommt es zu einer Kreuzung zweier Pferderassen mit unterschiedlicher Kopfform, kann sich das natürlich auch auf die Kieferform des Fohlens auswirken. Sie kommen dann mit einer leichten Kieferfehlstellung zur Welt. Diese kann sich, wenn sie nicht behandelt wird, verstärken. Üblicherweise stehen die Zähne des Ober- und Unterkiefers genau übereinander, so dass diese sich beim Zermahlen von Futter natürlich abnutzen. Das ist bei der Kieferfehlstellung nicht der Fall, die Schneidezähne im Oberkiefer nutzen sich nicht an den unteren Schneidezähnen ab. Umgekehrt stoßen irgendwann die Schneidezähne des Unterkiefers an den oberen Kiefer, so dass es hierdurch zu weiteren Kieferverformungen kommt.

Folgen einer Kieferfehlstellung beim Pferd

Gebiss eines Pferdes Die Fehlstellung trägt dazu bei, dass die Zähne des Pferdes unterschiedlich belastet werden und sich auch abnutzen. In manchen Fällen ist die Kieferfehlstellung in der Form ausgeprägt, dass sich die Zähne von Oberkiefer und Unterkiefer noch berühren, aber eine ungleiche Abnutzung erfolgt. Durch diesen unregelmäßigen Abrieb kommt es zur Bildung von Spitzen und Kanten an den Zähnen, die wiederum die Schleimhäute im Maul des Pferdes verletzen können. Das Pferd hat Schmerzen bei der Futteraufnahme und frisst entsprechend weniger. Daneben führen zu lange Schneidezähne dazu, dass Pferde das Futter nicht mehr richtig aufnehmen können. Hier ist ebenfalls das Risiko gegeben, dass das Pferd weniger frisst und dadurch körperlich abbaut.

Schmerzen durch Kieferprobleme

Kieferfehlstellungen führen nicht nur zu Problemen bei der Nahrungsaufnahme. Vielmehr lösten die Kieferprobleme eine ganze Reihen von unerwünschten Nebenwirkungen aus. Dazu gehören
  • Rückenschmerzen,
  • Rittigkeitsprobleme oder
  • Verhaltensänderungen.
Pferde leiden bei Schmerzen still vor sich hin. Sie machen nur sehr begrenzt auf sich aufmerksam, wenn sie Schmerzen haben. Einige Anzeichen dafür sollten Sie dennoch erkennen:
  • Anspannen des Unterhalses
  • Einrollen des Halses
  • Kopf- und Schweifschlagen
Diese Verhaltensweisen treten dann auf, wenn Ihr Pferd versucht, den Schmerz zu kompensieren.

Wie kann die Kieferfehlstellung beim Pferd festgestellt werden?

Besteht der Verdacht auf eine Kieferfehlstellung beim Fohlen, ist eine Untersuchung durch den Tierarzt ratsam. Er schaut sich genauestens die Kieferhöhle und das Maul an und führt Abmessungen durch, inwieweit eine Kieferverformung vorliegt. Unter Umständen sind sogar Röntgenaufnahmen notwendig, um den Status der Kieferverformung zu dokumentieren. Dadurch, dass Kieferfehlstellungen auch Begleiterscheinungen anderer Erkrankungen sein können, ist eine weitergehende Untersuchung notwendig.

Unser Tipp: Mit einer Pferde-OP-Versicherung sind Sie finanziell gut abgesichert, wenn es mal zu unerwarteten Kosten durch eine Tierarztrechnung kommt.

So können Sie eine Kieferfehlstellung Ihres Pferdes vermeiden

In den meisten Fällen ist die Kieferfehlstellung angeboren. Es besteht also die Möglichkeit,diese Fehlstellung von Beginn an zu behandeln. Bleibt die Verformung des Kiefers unbehandelt, so kommt es im Laufe der Jahre zu weiteren Problemen, etwa zu Problemen und Schmerzen bei der Futteraufnahme. Daher sollten Sie bei Ihrem Pferd darauf achten, ob die Zähne gleichmäßig aufeinander liegen.

Kann eine Kieferfehlstellung bei Pferden behandelt werden?

Kiefer eines Pferdes wird behandelt Es hängt immer davon ab, in welcher Form das Pferd durch die Kieferfehlstellung beeinträchtigt wird. Wie wirkt sich zum Beispiel der verformte Kiefer auf das Fressverhalten aus? Handelt es sich nur um einen leichten Überbiss, reicht es aus, wenn die Zähne regelmäßig abgeschliffen werden. Zahnspitzen oder Kanten müssen entfernt werden, damit es nicht zu weiteren Verletzungen der Maulhöhle kommt. Bei einem Fohlen ist es sinnvoll, einer ausgeprägten Kieferfehlstellung mechanisch entgegen zu wirken. Durch kieferorthopädische Maßnahmen mit Drähten und Bändern kann das Wachstum des stärker ausgeprägten Kiefers gehemmt werden, so dass es nicht zu einem Überbiss oder Unterbiss kommt. Eine Kieferfehlstellung bei Pferden erfordert eine regelmäßige Behandlung durch Tierärzte. Ansonsten bestehen durch die Beeinträchtigung bei der Nahrungsaufnahme Risiken für die Gesundheit des Pferdes.

Wie erfolgt die Kieferbehandlung bei Pferden?

In der Regel kann der Tierarzt die Behandlung vor Ort durchführen. Dazu müssen verschiedene Voraussetzungen gegeben sein. Der Tierarzt benötigt einen Strom- und einen Wasseranschluss. Es muss die Möglichkeit besehen, dass oberhalb des Pferdekopfes ein Balken oder Haken vorhanden ist, über den ein Seil geführt werden kann. Das ist notwendig, um nach einer Sedierung den Kopf des Pferdes zu fixieren. Bei einer reinen Zahnbehandlung mit Abschleifen oder Entfernen der Zahnspitzen müssen Sie mit einem Zeitaufwand von einer Stunde rechnen. Benötigt das Pferd eine Sedierung, kommen nochmal zwei Stunden im Nachgang dazu, um das Pferd zu kontrollieren. Da das Pferd nach der Sedierung nicht trinken und fressen darf, muss es vorher ausreichend gefüttert und getränkt sein. Unmittelbar vor der Behandlung dürfen Sie Ihr Pferd nicht übermäßig bewegen und auch nicht reiten. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, kann der Tierarzt die Behandlung aufnehmen.

Kieferfehlstellung bei Pferden - welche Kosten fallen an?

Es hängt davon ab, welchen Aufwand der Tierarzt bei der Behandlung Ihres Pferdes ab. Wir haben mal einige Punkte zu den Behandlungskosten zusammengefasst:
  • Reine Zahnbehandlung 150 bis 180 Euro
  • Untersuchung der Maulhöhle 30 bis 40 Euro
  • Endoskopie der Maulhöhle und der Nebenhöhle: 40 bis 220 Euro
  • Röntgenaufnahmen: 40 bis 60 Euro
  • Sedierung je nach Dosis: 350 bis 160 Euro
  • Lokale Anästhesie: 12 bis 50 Euro
  • Zahnextraktion eines Schneidezahns: 350 bis 450 Euro
  • Zahnextraktion eines Backenzahns: 1.100 bis 1.500 Euro
Hinzu kommen noch Kosten für die Anfahrt und die Nachbehandlung. Diese sind nur schwer vorhersehbar und richten sich - wie auch die obigen Kosten - nach der Gebührenordnung der Tierärzte. Einzelne dieser Positionen können durch eine Pferde-OP-Versicherung übernommen werden. Eine Kieferbehandlung, bei der beispielsweise Drahtschienen oder Knochendrahtcerclagen bei der Kieferfehlstelliung bei Pferden zur Anwendung kommen, liegt von den Kosten her noch deutlich höher. Allein eine Knochendrahtcerclage liegt beim einfachen Satz der Gebührenordnung der Tierärzte bei knapp 170 Euro. Je nach Aufwand kann der Tierarzt bis zum 4-fachen Satz abrechnen. Hinzu kommen noch alle anderen Leistungen wie Anfahrt, Untersuchung, Röntgen, Sedierung und Nachbehandlung.

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