Scheinträchtigkeit bei Hunden
Hunde können, wie wir Menschen auch, unter Störungen in ihrem Hormonhaushalt leiden. Sie verhalten sich anders als gewohnt, schleppen Spielzeuge oder Schuhe durch die Gegend und deponieren Dinge in ihrem Schlafbereich. Eine typische Störung im Hormonhaushalt ist die Scheinträchtigkeit bei Hunden.
Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Ihre Hündin sich so verhält, als wenn sie Welpen bekommen würde? Dann treten nämlich die oben genannten Symptome und andere Anzeichen auf, die normalerweise nur trächtige Hündinnen zeigen.
Symptome der Scheinträchtigkeit bei Hunden
Wenn sich eine Hündin so verhält, als wenn sie Welpen erwartet, sprechen Tiermediziner von einer Scheinträchtigkeit oder Scheinschwangerschaft. Diese kann nach der Phase der Läufigkeit bei unkastrierten Hündinnen auftreten – in einem Abstand von etwa vier bis neun Wochen. Die Scheinträchtigkeit bei Hunden löst also Symptome aus, die der der Schwangerschaft gleichen. Typisch dafür sind:
- Einrichtung einer Neststätte für Welpen
- Ansammeln von Stofftieren oder anderen Gegenständen
- Verteidigung der vermeintlichen Welpen
- Schnappen oder Beißen in der Nähe des Nestbaus
- Erschöpfung und Teilnahmslosigkeit
- Depressive Stimmungslage
- Appetitlosigkeit
Wo liegen die Ursachen für die Scheinträchtigkeit bei Hunden?
Für die Scheinträchtigkeit sind Hormone verantwortlich. Wenn ein Rüde eine Hündin deckt, dann schüttet der Körper der Hündin das Hormon Progesteron aus. Dieses Hormon arbeitet im Körper der Hündin und verliert an Aktivität erst nach der Geburt der Welpen. Fällt die Konzentration des Progesterons ab, signalisiert das dem Körper der Hündin, dass eine Geburt stattgefunden hat. Dann schüttet der Körper ein anderes Hormon aus, nämlich Prolaktin. Dieses Hormon ist für die Milchbildung verantwortlich.
Die Scheinträchtigkeit bei Hunden ist eine Irreführung der Hormone für den Körper. Die Hündin durchläuft in der Phase der Scheinträchtigkeit alle Prozesse so, als wenn wirklich eine Schwangerschaft und Geburt bevorstehen würde. Auch die Ausschüttung von Prolaktin erfolgt bei der Scheinträchtigkeit, so dass die Hündin Milch bildet, obwohl sie keine Welpen bekommen hat.
Untersuchungen haben ergeben, dass beide Prozesse nahezu gleich verlaufen.
Ursachen der Scheinträchtigkeit liegen in der Evolution
Dem Erbe ihrer Vorfahren, den Wölfen, haben Hündinnen die Scheinschwangerschaft zu verdanken. Wölfe leben in Rudeln mit einer strengen Randordnung. Die Leitwölfin hat das Privileg, Junge zu bekommen. Für den Erhalt des Artbestandes ist es aber notwendig, dass die anderen Wölfinnen quasi eine Art Ammenfunktion übernehmen. Ausgelöst wird das in der Phase der Nachbrunst, in der das Hormon Prolaktin gebildet wird. Dadurch entwickeln die Wölfinnen den Drang, den Nachwuchs der Leitwölfin zu versorgen und teilweise sogar zu säugen.
Dieses Verhalten ist bei unseren domestizierten Hunden zwar nicht mehr notwendig, aber das Verhalten haben Hündinnen dennoch nicht abgelegt. Es muss aber nicht zwangsläufig jede Hündin von einer Scheinschwangerschaft betroffen sein. Das ist abhängig von der Schnelligkeit des Hormonwechsel, also Abfall von Progesteron und Bildung von Prolaktin. Je nach Verlauf stellt sich eine Scheinträchtigkeit bei Hunden ein oder eben auch nicht.
Diagnose der Scheinträchtigkeit bei Hunden
Die oben genannten Symptome geben einen Hinweis darauf, ob bei Ihrer Hündin eine Scheinträchtigkeit vorliegt. Wenn Sie hier auf Nummer Sicher gehen wollen, lassen Sie Ihre Hündin beim Tierarzt untersuchen. Er kann feststellen, ob das Gesäuge der Hündin angeschwollen ist und ob es Milch bildet. Sinnvoll ist es, wenn Ihr Tierarzt eine Ultraschalluntersuchung vornimmt. Das gibt zusätzlich Sicherheit in zweierlei Hinsicht: Entweder ist Ihre Hündin doch trächtig oder sie ist es eben nicht. Sie können die Kosten für diese Untersuchung über Ihre Hundekrankenversicherung abrechnen. Einfach die Tierarztrechnung Ihrem Versicherungsmakler oder Versicherer zusenden, dann kann die Erstattung erfolgen.
Wie lassen sich Hündinnen von einer Scheinträchtigkeit ablenken?
Die Scheinträchtigkeit bei Hunden ist für Frauchen und Herrchen je nach Ausprägung der Symptome schon mit etwas Geduld und Zeit verbunden. Wenn Ihre Hündin keine ausgeprägten Symptome zeigt, können Sie für ein bisschen Ablenkung sorgen. Dafür reicht es aus, wenn Sie mit ihr häufiger Gassi gehen. Das lenkt sie vom Nestbau ab. Behalten Sie dabei Ihre Fellnase aber im Auge: Ist sie nicht so richtig dabei, dann lassen Sie Ihr Ablenkungsprogramm etwas ruhiger angehen. Gönnen Sie ihr ein bisschen Ruhe zwischendurch.
Nestbau bei der Scheinschwangerschaft verhindern?
Beim Nestbau neigen Hunde dazu, Spielsachen und Spielzeuge zu horten. Sie betrachten diese Dinge als ihre Welpen. Vermeiden Sie es auf alle Fälle, in Anwesenheit ihrer Hündin diese Dinge wegzuräumen. Darauf könnte sie ungehalten reagieren. Wenn Sie Spielzeuge und Kuscheltiere entfernen möchten, dann machen Sie es unbemerkt. Lassen Sie ihr dennoch ihre gewohnten Spielzeuge, damit sie nicht zu sehr leidet.
Damit Ihre Hündin bei einer Scheinträchtigkeit nicht zu sehr am Gesäuge leckt, um die Milchbildung anzuregen, kann es helfen, wenn Sie ihr ein altes T-Shirt überstreifen. Das Lecken kann neben der Bildung von Milch auch dazu führen, dass es zu Entzündungen kommt. Wenn das Gesäuge dennoch anschwillt oder ab und zu Tropfen von Milch zu sehen sind, sollten Sie keine Hausmittel anwenden, um diesen Prozess zu verhindern. Vermeiden Sie es, kalte Umschläge zu verwenden. Kühlende Salben sind ebenso wenig geeignet wie das Ausmelken bei anhaltender Milchproduktion.
Sollte sich das Gesäuge entzünden, Ihre Hündin ein verstärktes aggressives Verhalten anzeigen oder es zu einer übermäßigen Bildung von Milch kommen, dann ist der Gang zum Tierarzt sinnvoll. Hier kann Ihr Tierarzt Medikamente einsetzen, die die Produktion von Prolaktin verhindern, also das Hormon, das für die Milchbildung verantwortlich ist. Damit werden die Milchproduktion gehemmt und die Symptome gelindert. Üblicherweise kommen die Medikamente bei der Scheinträchtigkeit von Hunden noch zwei bis drei Tage nach dem Abklingen der Symptome zum Einsatz, damit Ihre Hündin nicht rückfällig wird.
Kann die Scheinträchtigkeit bei Hunden negative Folgen haben?
Das ist der Fall, denn diese Form der eingebildeten Mutterschaft birgt das Risiko von Krebserkrankungen. Dazu können Probleme an den weiblichen Geschlechtsorganen auftreten. Typische Folgen einer Scheinträchtigkeit bei Hunden sind:
- Die Bildung von Zysten an den Eierstöcken
- Entzündung der Milchdrüsen
- Vereiterung der Gebärmutter
- Bildung von Mammatumoren
Diese Erkrankungen können auch außerhalb der Scheinträchtigkeit auftreten.
Kann die Kastration die Scheinträchtigkeit verhindern?
Bei vielen Hundefreunden kursiert der Gedanke, dass eine Kastration die Scheinträchtigkeit bei Hunden unterbinden kann. Das ist aber nicht unbedingt der Fall und eine Kastration muss gut bedacht sein. Kurzfristig ist eine Kastration jedenfalls keine Lösung des Problems. Ohnehin müssen Sie überlegen, ob Sie Ihre Hündin kastrieren lassen, nur weil eine Scheinträchtigkeit auftritt. Wenn die Symptome nicht sonderlich ausgeprägt sind, dann ist dieser Schritt absolut nicht notwendig.
Die Kastration führt dazu, dass bei Ihrer Hündin auf der einen Seite die Bildung des Hormons Progesteron herabgesetzt wird. Das sind die Trächtigkeitshormone. Auf der anderen Seite steigt nach einer Kastration der Pegel des Hormons Prolaktin an. Damit ist wiederum die Wahrscheinlichkeit einer Scheinträchtigkeit hoch. Durch die Kastration lässt sich also nur langfristig die Läufigkeit Ihrer Hündin unterbinden und damit auch die Scheinträchtigkeit. Erwägen Sie diesen Schritt, sprechen Sie darüber mit Ihrem Tierarzt. Insbesondere sollte ein solcher Eingriff nur dann erfolgen, wenn die Hormone gerade eine Ruhephase zwischen den Zyklen einlegen.