Trennungsängste bei Hunden

Publiziert am Donnerstag, 16. Februar 2023 von Manfred Weiblen

Katze auf der Bettdecke

Wenn Hunde allein in der Wohnung bleiben und dabei Schäden anrichten, auf den Teppich urinieren oder die Nachbarschaft mit ihrer Heulerei beschallen, hat das in den meisten Fällen eine gemeinsame Ursache: die Trennungsängste bei Hunden.

Üblicherweise passiert das schon, wenn sich Frauchen oder Herrchen die Jacke anziehen oder die Tasche zum Verlassen des Hauses vorbereiten. Dann spürt der Hund, dass sein Mensch gleich nicht mehr da ist. Das löst eben bei vielen Hunden Ängste aus und das kann zu einer ziemlichen Belastung für beide Seiten führen.

Warum hat Ihr Hund Trennungsängste?

Hunde sind von ihrem Wesen her Rudeltiere. Sie mögen es eigentlich nicht allein zu sein. In ihnen ist die Angst verwurzelt, allein zurückgelassen zu werden. Das kann in den verschiedensten Situationen der Fall sein, etwa wenn Sie zum Arzt, zur Arbeit oder Einkaufen gehen. Ebenso kann schon das kurze Warten im Auto Trennungsängste bei Hunden auslösen. Der Hund weiß ja nicht, dass Sie zum Beispiel am Kiosk mal eben eine Zeitung kaufen.

Auch wenn Hunde heute nicht mehr so häufig im Rudelverband gehalten werden, ist das Sozialverhalten und das Zusammengehörigkeitsgefühl noch sehr ausgeprägt. In einem Rudel werden bei Wölfen oder Wildhunden alte und kranke Tiere zurückgelassen, sie können sich nicht mehr allein durchschlagen und sterben. Daher ist es kaum verwunderlich, dass sich dadurch eine Trennungsangst bei Hunden entwickelt.

In manchen Fällen kann es aber auch der Kontrollverlust sein, der Ihren Hund zur Verzweiflung treibt. Immerhin sind sie sein Rudelführer, Ihr Hund sieht es als seine Aufgabe, Sie zu beschützen. Wenn Sie also nicht da sind, kann er seine Aufgabe nicht mehr ausfüllen.

Wodurch äußern sich die Trennungsängste bei Hunden?

Die Anzeichen dafür, dass Ihr Hund an Trennungsängsten leidet, sind vielfältig. Achten Sie einmal darauf, wie sich Ihr Hund beim Verlassen der Wohnung verhält oder was bei Ihrer Abwesenheit passiert.

  • Beschädigung in der Wohnung: In vielen Fällen kommt es zu Kratzern oder Bissspuren am Türrahmen. Ihr Hund versucht, die Wohnung zu verlassen und setzt dabei Krallen und Zähne ein. Ebenso kann es dadurch im Auto zu Schäden an der Türverkleidung kommen.
  • Ihr Hund macht sich durch lautes Heulen bemerkbar - nicht nur beim Verlassen des Hauses, sondern auch in Ihrer Abwesenheit. Das kann natürlich dazu führen, dass bei längerer Abwesenheit zum Beispiel wegen der Arbeit Ihre Nachbarn irgendwann die Geduld verlieren und Sie darauf ansprechen.
  • Körperliche Anzeichen, die eigentlich bei einer Erkrankung auftreten, zeigen sich beim Verlassen der Wohnung wie starkes Zittern, Speicheln oder sogar Erbrechen.
  • Ihr Hund neigt dazu, Sie innerhalb der eigenen vier Wände ständig zu verfolgen. Das fatale dabei ist, dass Ihr Hund nicht seine Ruhe bekommt. Immerhin schlafen, dösen oder ruhen ausgewachsene Hunde sogar bis zu 18 Stunden täglich. Fallen diese Ruhephasen durch seine Unruhe weg, kann das sogar Aggressionen bei Ihrem Hund auslösen.
  • Wenn Sie nach Hause kommen, freut sich Ihr Hund überschwänglich. Er kratzt von innen an der Tür, sobald er Sie wahrnimmt. Er springt Sie an, sobald Sie die Tür öffnen und er lässt in den ersten Minuten nach dem Eintreten nicht mehr von Ihnen ab.
  • Umgekehrt kann es auch passieren, dass Ihr Hund genau gegenteilig reagiert. Er zieht sich zurück, wenn Sie heimkommen oder das Haus verlassen. Das ist aber nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass er die Situation bereits meistert, sondern vielmehr ein Indiz dafür, dass Ihr Hund still leidet, wenn er allein ist.
  • Wenn Sie sich bereit machen, das Haus zu verlassen, entwickelt Ihr Hund eine gewisse Form von Unruhe. Er läuft ziellos hin und her und schafft es auch nicht, sich in seine Ruhezone oder sein Körbchen zurückzuziehen.
  • Ihr Hund setzt, während Ihrer - teilweise auch kurzen – Abwesenheit, Kot und Harn in der Wohnung ab, obwohl Sie bereits vor kurzer Zeit die Gassirunde erledigt haben.

Unser Hinweis: Wenn Sie zur Miete wohnen und Ihr Hund verursacht einen Schaden in der Wohnung, kann es sein, dass Sie dafür Ihrem Vermieter Schadensersatz leisten müssen. Achten Sie unbedingt darauf, dass Ihre Hundehaftpflicht über den Einschluss sogenannter Mietsachschäden verfügt. Melden Sie einen eingetretenen Schaden immer sofort, wenn er passiert ist. Wenn Sie mehrere Schäden erst beim Auszug melden, bleiben Sie auf dem Schaden sitzen. Einen Haftpflichtschaden müssen Sie immer sofort melden.

Ursachen für die Trennungsängste bei Hunden

Wenn Ihr Hund die genannten Verhaltensweisen zeigt, müssen Sie zunächst einmal der Ursache an sich auf den Grund gehen. Da Trennungsangst oder auch die Angst vor dem Kontrollverlust unterschiedliche Ursachen hat, müssen Sie natürlich auch dort ansetzen. Für das Verhalten Ihres Hundes können folgende Auslöser verantwortlich sein:

  • Sie haben Ihrem Hund in der Vergangenheit übermäßig viel Aufmerksamkeit zukommen lassen.
  • Die Früherziehung bei Welpen, also die Gewöhnung an das Alleinsein, hat nicht stattgefunden.
  • In der Phase des Alleinseins ist es im häuslichen Umfeld zu lauten und abrupten Geräuschen gekommen, die Angst bei Ihrem Hund ausgelöst haben.
  • Durch eine Veränderung Ihrer eigenen Lebensumstände müssen Sie Ihren Hund nun häufiger allein lassen.
  • Eine der Bezugspersonen aus Ihrer Familie ist nicht mehr da, zum Beispiel wenn ein erwachsenes Kind auszieht.
  • Ihr Hund wurde in der Vergangenheit ausgesetzt.
Hund wartet am Fenster

Das Alleinsein trainieren

Wenn Ihr Hund unter Trennungsangst oder dem Kontrollverlust leidet, muss er das Alleinsein trainieren. Für das Training ist die Ursache der Trennungsangst unerheblich.

Sorgen Sie zunächst dafür, dass Ihr Hund in bestimmten Situationen auf einem ihm zugewiesenen Platz liegenbleibt. Dieser Platz sollte nicht im Bereich der Wohnungstür oder auf dem Sofa sein, sondern an einer Stelle in Ihrer Nähe, wo Sie sich auch niederlassen. Das kann beispielsweise neben dem Sofa sein. Richten Sie Ihrem Hund dort eine Stelle ein, die zum Kuscheln und Ausruhen einlädt. Wenn sich Ihr Hund dort auf Kommando niederlässt, verbinden Sie das mit einer kleinen Belohnung. Ihr Hund muss eine Akzeptanz für seinen Platz entwickeln.

Verlassen Sie den Raum nach dem Kommando kurz, um etwas zu erledigen, zum Beispiel in der Küche Getränke zu holen. Er wird merken, dass Sie nach dem Verlassen des Raumes auch wieder zurückkommen. Probieren Sie das bei jeder Gelegenheit aus, wo Sie den Raum verlassen müssen. Schließen Sie ab und zu dabei auch die Zimmertür. So lernt Ihr Hund, dass Sie auch dann wiederkommen, wenn Ihr Hund Sie nicht hören oder sehen kann. Ihr Hund muss dabei nicht zwangsläufig auf seinem Platz bleiben. Das wird er in Ihrer "echten" Abwesenheit ja auch nicht dauerhaft machen. Aber es ist wichtig, dass er sich einfach entspannt verhält. Reagiert Ihr Hund unaufgeregt auf Ihr Betreten des Zimmers, können Sie ihn dafür auch wieder belohnen. Wichtig ist aber dabei, dass Sie die verabreichten Leckerchen von der Tagesration Futter abziehen.

Alltagsreize vermeiden

Ihr Hund ist ein guter Beobachter und erkennt irgendwann an bestimmten Verhaltensweisen Ihrerseits, ob Sie tatsächlich das Haus verlassen. Denn zu diesem Zweck tragen Sie meistens andere Kleidung, es sind bestimmte Uhrzeiten oder Sie klimpern mit dem Schlüsselbund. Probieren Sie einmal, hier diese Routinevorgänge zu durchbrechen. Denn Ihr Hund soll ja nicht im Vorfeld einschätzen, ob Sie das Haus verlassen. Wichtig ist ja, dass er das Alleinsein in jeder Situation akzeptiert. Probieren Sie dazu ruhig mal die folgenden Dinge:

  • Verlassen Sie für einen kurzen Moment in Schlappen oder Jogginghose das Haus.
  • Setzen Sie sich mit Ihrer Jacke oder Bürotasche in das Wohnzimmer und trinken eine Tasse Kaffee.
  • Ziehen Sie die Alltagsschuhe oder eine Jacke an, um im Keller die Wäsche aufzuhängen.

So wird Ihr Verhalten für Ihren Hund weniger berechenbar und er lernt, dass das Verlassen des Hauses jederzeit möglich ist.

Trennungsängste bei Hunden im Alltag vermeiden

Hunde mit Trennungsängsten sind in den meisten Fällen mit wenig Selbstbewusstsein ausgestattet. Daher ist es sinnvoll, wenn Sie das Selbstbewusstsein Ihres Hundes stärken durch verschiedene Spiele im Alltag. Das gelingt in der Regel mit Spielen, die das eigenständige Denken fördern, wie zum Beispiel Fährtenspiele oder Futter-Schubladen-Boxen. Ihr Hund muss Herausforderungen lösen. Wenn er diese bewältigt, wirkt sich das positiv auf das Selbstbewusstsein aus.

Es kann jedoch auch sein, dass Ihr Hund Angst vor dem Alleinsein hat, weil er einen Kontrollverlust erleidet. Er ist für Sie und andere Familienmitglieder, also sein Rudel, zuständig. In diesem Fall müssen Sie zuerst klare Strukturen schaffen und Ihrem Hund vermitteln, dass Sie der Rudelführer sind. Damit ist verbunden, dass Sie viele Entscheidungen im Alltag treffen, zum Beispiel wann Ihr Hund allein in den Garten darf, wann gespielt oder gekuschelt wird oder Sie eine Runde Gassi gehen. Überlassen Sie diese Entscheidungen nämlich Ihrem Hund und reagieren immer auf seine Signale, bleibt die Kontrolle aus Sicht Ihres Hundes auch bei ihm selbst.

Unsere Tipps für das Alltagstraining

Powern Sie Ihren Hund genug aus, bevor Sie das Haus verlassen. Wenn Ihr Hund ausgelastet ist, neigt er dazu, sich auszuruhen. Das schafft wiederum Entspannung. Wenn Sie aus dem Haus gehen, verzichten auf eine überschwängliche Verabschiedung, damit Ihr Hund Ihrem Verhalten keine besondere Bedeutung beimisst. Das gilt auch für Ihre Rückkehr. Es ja nichts Besonderes, wenn Sie wieder nach Hause kommen.

Wichtig für das Selbstbewusstsein Ihres Hundes ist zudem, dass Sie ihn niemals bestrafen, wenn während Ihrer Abwesenheit mal ein Malheur passiert. Eine Urinpfütze auf dem Boden oder ein zerpflückter Mülleimer ist eher Anzeichen dafür, dass Ihr Hund sich in einer Stresssituation befand und daraus keinen Ausweg fand. In diesen Fällen müssen Sie beim Training ein wenig zurückfahren.

Das Zeitfenster, in dem Ihr Hund allein ist, muss sich immer am Stand Ihres Trainings orientieren. In der Anfangsphase muss also jemand da sein, der auf den Hund aufpasst, etwa weitere Familienmitglieder. Ansonsten kann es passieren, dass bei einer längeren und unvorbereiteten Abwesenheit Ihr Training teilweise wieder zurückgeworfen wird.

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