Auch in fremder Obhut greift die Tierhalterhaftung
Befindet sich ein Hund in der Obhut des Tierarztes, erlischt damit nicht die Haftung des Hundehalters, wenn der Hund zubeißt. Das entschied das Oberlandesgericht Celle im Juni dieses Jahres.
Zu einer Klage kam es durch einen Tierarzt, der von einem Hund so heftig gebissen wurde, dass er seine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausführen konnte. Der Tierarzt forderte von der Halterin des Hundes Schadensersatz und Schmerzensgeld in sechstelliger Höhe. Die Hundehalterin lehnte jegliche Verantwortung ab.
Hintergrund des Rechtsstreites: Der Hund der Beklagten befand sich wegen einer notwendigen Operation in der Tierklinik des Klägers. Nach dem Eingriff lag der Hund im Aufwachraum und biss in der Aufwachphase den Tierarzt so schwer in die Hand, dass dieser durch die Folgen der Verletzung keine chirurgischen Eingriffe mehr vornehmen kann. Die Hundehalterin vertrat die Ansicht, dass sie nicht für den Schaden aufkommen müsse, da sie überhaupt keine Möglichkeit gehabt hätte, auf den Hund Einfluss zu nehmen. Diese Möglichkeit der Einflussnahme hätte allein der Tierarzt gehabt und sich dem Risiko, gebissen zu werden, bewusst ausgesetzt.
Das Oberlandesgericht folgte der Argumentation der Hundehalterin nicht. Auch wenn ein Hund in die Obhut des Tierarztes gegeben wird, erlischt damit nicht die Haftung des Tierhalters. Diese besteht unabhängig von der Möglichkeit der Einflussnahme auf das Tier.
Allerdings bekam der Tierarzt seine Forderung nicht in der vollen Höhe zugesprochen. Grundsätzlich kann die Haftung beschränkt werden, wenn sich der Geschädigte durch sein eigenes Verhalten erst in Gefahr begeben hat. In dem konkreten Fall hätte der Tierarzt eine besondere Vorsicht walten lassen müssen. Aus fachlicher Sicht konnte ihm nicht fremd sein, dass Hunde mitunter aggressiv reagieren, wenn sie aus einer Narkose erwachen. Dementsprechend sprach das Gericht dem klagenden Tierarzt nur einen Teil der geltend gemachten Schadensersatzforderung zu.